Leiden. Überall kommen uns Leute in orangefarbenen Outfits entgegen. Der Typ an der Fußgängerampel balanciert eine Riesenbrille a la Stubenfliege Puck in besagter Farbe auf der Nase, und die grazile Lady vor mir steigt gerade in leuchtenden Pumps und einem hautengen Designerkleid in den Bus – alles in orange. Was ist hier los?
„Wundern Sie sich nicht – heute ist Königstag. Da sind die Leute alle ein bisschen verrückt“, klärt der junge Mann an der Hotel-Rezeption uns auf. Er zuckt sogar ein bisschen entschuldigend mit den Schultern und spricht mit haargenau jenem hinreißenden Dialekt, den wir an den Niederländern so lieben.
Königstag in Leiden
Wir sind in der südholländischen Stadt Leiden und hätten uns wahrscheinlich keinen besseren Tag aussuchen können als heute. Denn am Königstag, dem Geburtstag von König Willem-Alexander, der heute 50 wird, macht ganz Leiden eine Sause.
Am Königstag 2017 feierte Willem-Alexander seinen 50. Geburtstag.
(Foto:Erikt/Wikimedia Commons)
Viele Frauen tragen Krönchen im Haar, und ihre orange Kleidung leuchtet mit den vielen Tulpen um die Wette. Wir staunen, was zwischen den alten Giebelhäusern und Grachten der Stadt so los ist. Auf der „Koornbrug“, der berühmtesten Brücke (von 1642) der Stadt, spielt eine Band, und Hunderte von jungen Leuten wiegen sich im Takt der Musik. Grüppchenweise taumeln die Feiernden von einem Lokal zum nächsten. Nette Kneipen und Cafés gibt es jede Menge in Leiden. Wir essen im alten Rathaus zu Abend. Das italienische Restaurant in der City Hall erinnert an ein New Yorker Loft und ist gerammelt voll mit Leuten, die schon den ganzen Tag ihren König gefeiert haben. Immerhin hat Willem Alexander ja auch vor 30 Jahren an der Uni von Leiden Geschichte studiert.
Gracht in Leiden.
Nach einem guten Frühstück im Stadscafé Van der Werff am nächsten Morgen (super-leckere Sandwiches für ca. 10 Euro), geht’s für uns aufs Wasser. Immerhin soll Leiden nach Amsterdam die meisten Wasserwege (28 Kilometer!) und Brücken (88!) besitzen. Kaum hat die Bootstour begonnen (ca. eine Stunde, 10 Euro), warnt der Kapitän eindringlich davor, sich von den Plätzen zu erheben. „Das kann sonst fürchterliche Kopfschmerzen geben“, verkündet er trocken übers Mikro, während er auf eine der vielen Brücken zusteuert. Tatsächlich passt höchstens eine kleine Zeitung zwischen unser Boot und der Brückendecke.
Die Rembrandt Brücke in Leiden.
Endlich kommt auch einer der berühmtesten Söhne der Stadt ins Spiel. „Das ist die Rembrandbrücke“, zeigt der Kapitän nach vorne. „Und daneben sehen Sie einen Nachbau der Windmühle, die einst Rembrandts Vater gehörte.“ Wer sich für die Jugend des Malers interessiert, stolpert in Leiden immer wieder über seine Spuren. Etwa neben der Pieterskerk. Dort liegt die alte Lateinschule, an der Rembrandt van Rijn seinen ersten Zeichenunterricht bekam.
Die Pieterskerk in Leiden.
Unser Kapitän ist es auch, der uns auf den 3. Oktober aufmerksam macht. „Dann findet das größte Fest des Jahres hier statt – mit vielen Konzerten, einer Kirmes und Tausenden Besuchern!“ Eigentlich ganz praktisch, denn das ist ja auch Feiertag in Deutschland, und man könnte vielleicht schnell mal nach Holland….
Leiden – das Shoppingparadies
Dass Leiden als Paradies für Shopping-Fans gilt, ist an diesem Freitag nicht zu übersehen. Nach dem Königstag haben nun alle Geschäfte wieder geöffnet, und es wird eingekauft, was das Zeug hält. Neben den üblichen Modeketten in der Fußgängerzone entdecken wir hübsche kleine Läden mit Mode und Kunsthandwerk in den kleineren Gassen und Nebenstraßen.
Die nettesten Geschäfte finden sich in den kleinen Seitenstraßen von Leiden.
Und weil Pflastertreten bekanntlich müde und durstig macht, finden wir zur City-Pause im historischen Gebäude De Waag für ein paar Drinkies ein. Das altehrwürdige Gebäude, in dem sich einst die Händler trafen, um ihre Waren wiegen zu lassen, wurde erst 2015 renoviert und als Bar und Restaurant geöffnet. Es gibt zig verschiedene Biersorten, einen netten Service und ein wirklich tolles Ambiente.
Bar mit gutem Ambiente in Leiden: De Waag.
Obwohl Leiden an sich ja schon ein „wonderful place“ ist, eignet sich die Grachtenstadt auch bestens als Ausgangspunkt für Ausflüge in die Umgebung. Mit dem Fahrrad lässt sich eine schöne Tour durch die Tulpenfelder zum Strand von Noordwijk unternehmen (16 Kilometer eine Strecke). Der Blumen-Badeort begeistert mit einem 13 Kilometer langen, weißen Sandstrand sowie chilligen Beachclubs. Wir waren zum Frühstücken im Strandrestaurant „De Zeemeeuw“ und haben dort pure Urlaubsatmosphäre mit Blick aufs Meer genossen.
Der Strand von Noordwijk.
Eine knappe halbe Stunde fährt man mit dem Auto von Leiden zum weltberühmten Keukenhof in Lisse. Er gilt als der schönste Frühlingspark der Welt. Mehr als sieben Millionen Tulpen, Narzissen und Hyazinthen sorgen acht Wochen lang für ein unglaubliches Blütenmeer. Die Hauptblütezeit ist natürlich abhängig vom Wetter, liegt aber meist in der Mitte des Aprils. In den acht Wochen Öffnungszeit pro Jahr besuchen etwa 800.000 Leute den Keukenhof (75 Prozent aus dem Ausland). Wir waren an einem sonnigen Samstagnachmittag da und schoben uns tatsächlich mit Tausenden Tulpenfans durch den Park (16 Euro Eintritt).
Der Keukenhof in Holland ist ein Paradies für Blumenfreunde.
Tipps für Kreuzfahrer
Wer mit dem Kreuzfahrtschiff nach Amsterdam oder Rotterdam kommt, erreicht Leiden ganz schnell und einfach mit der Bahn. Alle paar Minuten fahren Züge zwischen den Städten hin und her. Die Fahrt von Amsterdam nach Leiden dauert knapp 30 Minuten, das Ticket kostet ab acht Euro. Die Fahrtzeit von Rotterdam nach Leiden beträgt 30 bis 40 Minuten, Tickets gibt es ab sieben Euro.
Mehr Infos über Leiden gibt es hier: www.visitleiden.nl/de
Text & Fotos: Susanne Müller
Für Reisefans: Welcome Aboard
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Ein anderes lohnenswertes Ziel in Holland ist der Ort Volendam. Lest hier meinen Reisebericht!
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