Es ist später Vormittag, als unser Schiff den Sognefjord in Norwegen passiert. 204 Kilometer weit reicht der Meeresarm von der Nordsee ins Land hinein. An seiner tiefsten Stelle misst er sage und schreibe 1308 Meter. Aber das interessiert in diesem Augenblick eigentlich niemanden. Die meisten Passagiere der „Amera“ stehen sprachlos vor Staunen an der Reling und genießen einfach nur den Anblick, der sich ihnen bietet. Oder sie schießen ein Foto nach dem anderen, um ihre Eindrücke für die Lieben zu Hause festzuhalten.
Aber ganz ehrlich: Kein Foto kann wiedergeben, wie man sich fühlt, wenn man diesen Fjord bei blauem Himmel und Sonnenschein erlebt. Ein Berg nach dem anderen türmt sich links und rechts vom Ufer auf. Wasserfälle rauschen in die Tiefe. Am liebsten würde man dem Kapitän zurufen: „Fahr doch bitte noch ein bisschen langsamer! Lass uns die Zeit anhalten und die Schönheit dieser Natur noch ein bisschen länger genießen!“
Wandern am Sognefjord
Menschen aus der ganzen Welt kommen nach Norwegen, um sich die berühmten Fjorde anzusehen. Nicht alle haben soviel Glück mit dem Wetter, wie wir an diesem leuchtenden Spätsommertag. Die Luft ist klar. Sonne wärmt die Haut. Heute wäre alles möglich: Baden, Wandern, Klettern (die Berge sind hier bis zu 1700 Meter hoch), Rafting, Kanufahren oder Mountainbiking.
Die Berge, die den innersten Teil des Sognefjords umgeben, gehören zu den beliebtesten Wanderzielen Norwegens. Besonders bekannt sind die Nationalparks Jotunheimen, Jostedalsbreen und Breheimen sowie die Täler Aurlandsdalen und Utladalen.
Wem der Sinn eher nach Kultur steht, findet rund um den Sognefjord die fünf ältesten Stabkirchen Norwegens. Urnes am Ostufer des Lusterfjords ist sogar die älteste Stabkirche der Welt.
Fahrt mit der Flåmbahn
Wir haben den kleinen Ort Flåm angesteuert und eine Karte für Norwegens Touristenattraktion Nr. 1 ergattert: die Flåmbahn. Pünktlich um viertel vor vier versammeln sich die Touristen auf dem Bahnhof und suchen sich einen Platz in den dunkelgrün lackierten Abteilwagen, die seit 1944 täglich den Berg hinaufgezogen werden. Die gut 20 Kilometer lange Bahnstrecke überwindet einen Höhenunterschied von 864 Meter und zählt damit zu den steilsten Eisenbahnen der Welt.
Der Zug ruckelt und quietscht. Er rattert durch dunkle Tunnel und durch sattgrüne Wildnis. Unterwegs fällt der Blick auf Wasserfälle und einsame Täler. Kaum hat die Flåmbahn nach einer knappen Stunde ihr Ziel Myrdal erreicht, erklingt 15 Minuten später schon ein schriller Pfeifton, der uns zurück in die Abteile zwingt. Wir hätten gerne einen längeren Aufenthalt hoch oben in den Bergen gehabt. Und das wäre auch problemlos möglich gewesen. Man bucht einfach nur die Hinfahrt und kann sich für die Talfahrt aufs (Miet-)Mountainbike schwingen. Fitness und eine hohe Konzentration sind für den serpentinenreichen, steilen Rückweg allerdings gefordert.
Infos:
Wo liegt der Sognefjord? – Er erstreckt sich von der Küste nördlich von Bergen bis zu den Gebirgszügen des Nationalparks Jotunheimen und den blauen Gletschern des Nationalparks Jostedalsbreen. Der Nærøyfjord (Nebenfjord des Sognefjordes) wird als UNESCO-Welterbe geführt und von der National Geographic Society zusammen mit dem Geirangerfjord als wichtigstes Naturerbe der Welt bewertet.
Eine Rundfahrt auf dem 17 Kilometer langen Nærøyfjord gehört zu den schönsten Fjordrundfahrten Europas. Zwischen den Orten Gudvangen/Aurland und Flåm verkehren das ganze Jahr über Touristenfähren und Sightseeing-Boote. Autofähren gibt es zwischen den Orten Gudvangen/Kaupanger und Lærdal.
Anreise
Die östliche Hälfte des Sognefjords liegt im Herzen Südnorwegens, an der Grenze zwischen den Regionen Østlandet und Vestlandet. Früher waren viele Teile der Sognefjord-Region nur über das Wasser erreichbar. Heute ermöglicht das gut ausgebaute Straßennetz eine schnelle und bequeme Anreise in die Sognefjord-Region. Die Fahrzeit von Bergen beträgt nur zwei bis drei Stunden. Von Oslo aus benötigt man vier bis fünf Stunden, von Trondheim aus sind es fünf bis sechs Stunden.
Schnellfähre:
Zwischen Bergen und Sogndal verkehren das ganze Jahr über mehrmals täglich Schnellfähren. Auf dem Weg nach Sogndal werden die Orte Vik, Balestrand und Leikanger angelaufen. Zwischen 1. Mai und 30. September besteht auch eine tägliche Fährverbindung zwischen Bergen und Flåm. Auf dem Weg nach Flåm bzw. Bergen werden mehrere Orte im Sognefjord angelaufen.
Flugzeug:
Die Fluggesellschaft Widerøe bietet mehrere tägliche Verbindungen zwischen Sogndal und den Städten Bergen, Oslo, Sandane und Ørsta/Volda an. Von Bergen aus fliegt man ca. 30 Minuten nach Sogndal, von Oslo aus ca. 45 Minuten. Beim Landeanflug auf den Flughafen Sogndal kann man bei klarer Sicht die spektakuläre Aussicht auf den Sognefjord genießen. Deswegen solle man sich auf jeden Fall einen Fensterplatz sichern.
Tipp: Wir haben die Welt der norwegischen Fjorde bei einer Kreuzfahrt mit der „Amera“ von Phoenix Reisen erlebt. Die große Reportage über diese Reise erscheint im Kreuzfahrtmagazin WELCOME ABOARD 2020. Sie kann hier bestellt werden.
Text: Susanne Müller
Fotos: Susanne Müller und Dietmar Schulte
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