Die Räder surren, der Wind pfeift an meinen Ohren vorbei und über meinem Kopf bilden die Baumkronen der Eichenallee ein grünes Dach. Rechts und links des Weges blühen Klatschmohn und Kamille. Bienen summen und hoch in den Wolken ziehen Greifvögel ihre Kreise. Eine Radtour auf Rügen versetzt einen von jetzt auf gleich in den Urlaubsmodus. Die abwechslungsreiche Landschaft, die Seeluft, die Weite: wer da noch schlechte Laune hat, ist selbst schuld. Rügen, die größte Insel Deutschlands – zehnmal größer als Sylt – bietet selbst in der Hauptsaison genug Platz für alle. In Corona-Zeiten immerhin ein wichtiges Kriterium für viele Urlauber.
Schneeweiße Villen in Binz
Wir haben uns in Binz einquartiert. Ziemlich nobel dieses Ostseeheilbad mit seiner langen Seebrücke, dem gepflegten Strand und den schneeweißen Villen – eine schöner als die andere. Bei einem Bummel durch die Stadt bewundern wir die Häuser, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurden und heute als Bäderarchitektur bekannt sind. Viele besitzen eine Loggia, Erker, Balkone mit Ornamenten und Rosetten, Türmchen und Veranden wie aus ‚Vom Winde verweht‘. Binz-Urlauber flanieren durch die Fußgängerzone mit ihren vielen Cafés und Geschäften und über die lange Promenade, an der Eisdielen und Bistros einladen.
Gemischte Gefühle in Prora
Wir schwingen uns auf die Räder und fahren nach Prora, das nur ein paar Radelminuten von Binz entfernt ist. Der Grund? Wir wollen uns den Koloss von Rügen ansehen. Wir nähern uns Prora von Norden aus und fahren zunächst an eingezäunten Ruinen vorbei, die sich vortrefflich für einen düsteren Schauplatz im Tatort eigneten. Dann wird’s heller, freundlicher, belebter. Das riesige Haus wurde renoviert, es gibt Geschäfte und Lokale, Menschen spazieren auf dem Gehweg. Wir fahren und fahren und das Gebäude geht weiter – 4,5 Kilometer weit. In der Nazizeit sollte Prora ein Seebad für 20.000 Urlauber werden. Damals hieß das Seebad noch ‚Kraft-durch-Freude-Seebad Rügen‘. Nach dem Krieg wurde Prora 1956 Standort für Landstreitkräfte, über 10.000 Soldaten waren hier zu Spitzenzeiten stationiert. Heute stehen die Gebäude unter Denkmalschutz, es wird noch kräftig renoviert in Wohnungen und Ferienunterkünfte. Ein Blick von oben auf die gesamte Anlage haben Urlauber vom Baumwipfelpfad in Prora.
Radtour auf Rügen: die Bernsteinpromenade
Die schönste Radtour auf Rügen von Binz aus führt uns durch den Wald der Granitz nach Sellin. Kilometerweit rollen wir durch dichten Buchenwald. Wir passen das Jagdschloss Granitz und eine Trasse des Rasenden Roland, der berühmten Schmalspurbahn. In Sellin geht’s zur wunderschönen Seebrücke, eines der beliebtesten Fotomotive von ganz Rügen. Seit 1998 strahlt sie wieder in ihrer historischen Gestalt von 1927.
Als nächstes peilen wir Göhren auf der Halbinsel Mönchgut an, radeln auf der „Bernsteinpromenade“ direkt am Ostseestrand entlang. Es riecht nach Kiefernnadeln und Meer. Im Dünenwald liegt der Strandpark Baabe mit seinen bunten Ferienhäusern im Schwedenlook. Beim Mittagessen – Fischbrötchen in Göhren – treffen wir den Rasenden Roland im Bahnhof. Seit 1895 dampft er mit gemütlichen 30 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit über die Insel Rügen und könnte uns zurück nach Binz bringen. Aber wir sind ja sportlich… und nehmen die Räder.
Text: Susanne Müller, Fotos: Susanne Müller & Dietmar Schulte
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